Eigentlich wissen wir es alle! Je komplexer ein Konstrukt, umso wartungsbedürftiger und störanfälliger ist es.
Jeder der ein Auto fährt oder mit elektronischen Geräten zu tun hat, weiß das. Auch wer von uns noch eine mechanische Uhr am Handgelenk trägt, wird sie mit der größten Sorgfalt behandeln und darauf achten, dass sie nicht runterfällt, keine Schläge abbekommt und sofern nicht wasserdicht, auch nicht zu viel mit Feuchtigkeit in Berührung kommt!
Tatsache ist aber, dass wir alle das komplexeste Gebilde besitzen, dass es in diesem Universum gibt! Unser menschliches Gehirn.
Geh am Abend mal vor die Tür und wirf einen Blick in den Himmel! In unserer Galaxie gibt es geschätzt 100 bis 400 Milliarden Sterne. Wir hier auf der Erde sehen nur einen winzigen Bruchteil davon, und doch ist es überwältigend, wenn wir uns Zeit nehmen den Anblick in aller Ruhe zu genießen!
In unserem Gehirn gibt es "nur" ungefähr 86 Milliarden Neuronen. Und doch! Wären das Sterne, so trügen wir einen ganzen Kosmos im Kopf.
Im Gegensatz zu den Sternen sind alle unsere Neuronen durch Billionen Nervenbahnen (den Synapsen) miteinander vernetzt.
Jeder Gedanke, jede Wahrnehmung, jede Erinnerung basiert auf der elektrischen Kommunikation zwischen den Neuronen, also auf Stromimpulsen.
Bisher wäre unser Gehirn nach dieser Beschreibung nicht mehr als ein wirklich großartiger Computer! Doch Millionen Jahre Evolution waren nicht umsonst! Unser Gehirn hat noch mehr zu bieten!
Botenstoffe
Die Botenstoffe, die unsere Stimmung beeinflussen, sind hauptsächlich Neurotransmitter und Hormone. Die wichtigsten Botenstoffe sind:
Serotonin:
Wir nennen es "Wohlfühlhormon", weil es für Gelassenheit, innere Ruhe und Zufriedenheit sorgt. Ein Mangel wird oft mit depressiven Verstimmungen in Verbindung gebracht. Licht, Bewegung und eine ausgewogene Ernährung können helfen, den Serotoninspiegel zu erhöhen.
Dopamin:
Das ist der Botenstoff für Motivation, Belohnung und Freude. Er sorgt dafür, dass wir uns auf etwas freuen, Ziele verfolgen und uns für Erfolge belohnen. Es treibt uns an und macht uns aktiv.
Noradrenalin:
Dieses Hormon ist eng mit Stress und Aufmerksamkeit verbunden. Es steigert unsere Wachsamkeit, Leistungsbereitschaft und Motivation. Es wird oft in Verbindung mit Dopamin und Serotonin als Teil des "Wohlfühl-Mixes" genannt.
Endorphine:
Diese Botenstoffe wirken wie körpereigene Schmerzmittel. Sie können ein Gefühl der Euphorie hervorrufen, das oft als "Runner's High" bekannt ist und uns hilft, mit Schmerz und Stress umzugehen.
Oxytocin:
Bekannt als "Bindungshormon". Es stärkt das Gefühl der Verbundenheit, des Vertrauens und der Zuneigung, zum Beispiel in engen Beziehungen oder zwischen Eltern und Kind.
Das Gehirn ist ständig in Bewegung, verändert sich und wächst. Es macht uns zu dem, was wir sind.
(Ich find diesen schwabbeligen, meist grauen Klumpen den wir da in unseren Köpfen tragen unglaublich beeindruckend!)
Aber gerade, weil ein Gehirn so ein komplexes Präzisionsinstrument ist, sollten wir besonders aufmerksam damit umgehen. Immerhin bringt es das Wertvollste hervor das wir haben:
Das Bewusstsein, das uns ausmacht!
(Mal ganz ehrlich, so unter uns. Wer von uns würde freiwillig auf sein Bewusstsein verzichten?)
Gehe bitte kurz in Dich und überlege mal:
- Wer Fußball spielt oder boxt, setzt sein Gehirn immer wieder gefährlichen Erschütterungen aus.
- Während eines langen stressigen Arbeitstag achtet niemand darauf, dass er genug Sauerstoff und Flüssigkeit bekommt.
-
Jeder von uns führt sich täglich stimulierende oder beruhigende Substanzen zu, die die
Funktion beeinflussen. (Was? Du denkst bei Drogen nur an die Bösen,
Harten?
Das greift zu kurz! Es gibt tausende harmlosere Substanzen die unsere Leistungsfähigkeit und Stimmung ebenfalls beeinflussen könnnen. Trinkst Du nicht ab und zu Alkohol? Rauchst Du nicht? Ich habe mir beides abgewöhnt, aber:
Nobody is perfect
- Kaffee kann ich noch immer nicht widerstehen. (Und nein! Teein ist auch nicht besser!)
- Dinge wie Schokolade und Tomaten. Auf beides kann und will ich nicht verzichten!
- Oh, und da gibts auch noch Safran, Zimt und Vanille, und eine der schlimmsten Substanzen,
- Zucker, um nur einige Substanzen zu nennen,
- die unsere Gehirnleistung und unsere Stimmung beeinflussen!
Die Natur hat auch hier ganze Arbeit geleistet! Viel davon stecken wir einfach weg. Manches verzeiht der Körper, wenn wir es nicht zu oft machen und nicht übertreiben.
Doch was passiert mit diesen wichtigen Botenstoffen, wenn wir unser Gehirn ständig überlasten? Und gibt es etwa noch mehr, dass unser Gehirn nicht einfach wegsteckt. Dinge und Gewohnheiten die uns langfristig schaden ohne dass wir es sofort bemerken.
Unsere kleinen Alltagssünden:
Schlafmangel
Es hat einen Grund, warum wir so gerne schlafen! Im Schlaf wird unser Gehirn gereinigt. Ein spezielles System wird aktiviert, das schädliche Stoffwechselprodukte und Proteine, die sich tagsüber angesammelt haben, abtransportiert. Bei Schlafmangel wird dieser
Prozess gestört, was langfristig das Risiko für neurodegenerative Krankheiten wie Alzheimer erhöhen kann.
Gedächtnis und Lernen im Schlaf
Im Schlaf festigt das Gehirn die Informationen, die wir tagsüber gelernt haben. Es filtert und sortiert die wichtigen Eindrücke und verschiebt sie vom Kurzzeitgedächtnis ins Langzeitgedächtnis. Dabei werden neue Nervenbahnen angelegt und gefestigt. Das ist so als würde eine neue Idee einen Feldweg austreten. Je öfter wir einen Gedankengang nutzen, umso besser wird diese Verbindung ausgebaut. Aus einem Feldweg wird eine Autobahn.
Schlafmangel als Entwicklungshemmer
Schlafmangel stört diesen Prozess massiv. Das Gehirn kann die neu geknüpften Nervenbahnen nicht stärken und unwichtige Informationen nicht löschen. Wir werden nicht nur nicht klüger, wir werden dadurch sogar dümmer. Wir können uns schlechter konzentrieren, lernen langsamer und vergessen Dinge schneller.
Emotionale Stabilität
Der Schlaf spielt eine wichtige Rolle bei der Regulierung unserer Emotionen. Ohne genug Schlaf reagiert das emotionale Zentrum des Gehirns, die Amygdala, überreizt, da der Körper evolutionär Schlafmangel mit Gefahrensituationen verbindet.
Das Organ geht in Alarmbereitschaft und reagiert viel stärker auf emotionale Reize – sowohl positive als auch negative. Neutrale Gesichter wirken plötzlich feindselig, und kleine Rückschläge werden zu großen Dramen. Es verhält sich wie ein Wachhund der bei jedem Schatten den er sieht Gefahr wittert und anschlägt.
Gleichzeitig ist die Verbindung zu dem Bereich, der unsere Reaktionen kontrolliert (dem präfrontalen Kortex), geschwächt. Das führt dazu, dass wir leichter gereizt, launisch oder emotional instabil werden. Es fällt uns schwerer Sachverhalte objektiv zu beurteilen. Das macht das Leben weder für uns selbst, noch für unsere Mitmenschen leichter.
Fakt ist, unter Schlafmangel sind wir leichter manipulierbar und treffen öfter Fehlentscheidungen.
Kreativität und Problemlösung
Im Schlaf werden scheinbar unzusammenhängende Informationen neu verknüpft. Das Gehirn arbeitet im Hintergrund weiter und findet so oft kreative Lösungen oder neue Perspektiven auf ein Problem. Daher auch der Spruch: "Schlaf erst mal drüber, morgen siehts wieder ganz anders aus!"
Zum Beispiel darf im deutschen Militär erst dann eine Beschwerde eingereicht werden, wenn "eine Nacht darüber geschlafen wurde."
Und wahrscheinlich bin ich auch nicht die Einzige, die ab und zu Antworten auf Fragen, die mich den ganzen Tag beschäftigten "erträumt"?
Verlangsamte oder keine Reaktion
- Laut Statistischem Bundesamt starben im Jahr 2020 26 Menschen aufgrund der Unfallursache "Müdigkeit" im Straßenverkehr. 619 Personen wurden schwer und 1.497 leicht verletzt. (Experten gehen aber davon aus, dass die tatsächliche Zahl deutlich höher liegt.)
- Der Deutsche Verkehrssicherheitsrat (DVR) gibt SOGAR an, dass auf Autobahnen jeder vierte Unfalltote auf Sekundenschlaf zurückzuführen ist.
- Eine Studie des amerikanischen Automobilclubs AAA hat ergeben, dass bereits zwei Stunden Schlafmangel das Unfallrisiko verdoppeln. Wer nur vier bis fünf Stunden schläft, hat ein vierfaches Unfallrisiko. (Ein Wert der mit dem Risiko von Alkoholfahrten geleichzusetzen ist.)
Arbeitsunfälle durch Schlafmangel
Schlafmangel betrifft nicht nur den Straßenverkehr. Eine Schweizer Studie der Suva (Schweizerische Unfallversicherungsanstalt) kam zu dem Ergebnis, dass jeder fünfte Arbeitsunfall auf zu wenig oder schlechten Schlaf zurückgeht.
Die offiziell erfassten Zahlen sind wohl nur die Spitze des Eisbergs. Es ist anzunehmen, dass Die tatsächliche Zahl der Unfälle, bei denen Müdigkeit eine Rolle spielt, um ein Vielfaches höher ist.
Es wäre schön, wenn das schon alles wäre, dass wir uns antun.
Eigentlich könnte ich jetzt schon aufhören. Aber wer meine Blogs öfter ließest, weiß es schon. So schnell kann sie die Klappe nicht halten! Für mich gehts jetzt erst ans Eingemachte!
Täglicher, pausenloser Stress
- Wir machen uns darüber Gedanken, wie wir unser Handy am besten laden können, damit der Akku geschont wird.
- Wir fahren mit dem Auto regelmäßig zum TÜV, und
- OMG, wehe das Navi oder die Elektronik fällt aus!
- Wir achten auf die Batterie unserer Fernbedienungen,
- stellen den Timer unserer Waschmaschine
- und setzen TV und Computer auf Standby.
Jedes technische Gerät um uns herum ist uns wichtig und wird möglichst gemäß der Bedienungsanleitung gepflegt und gewartet.
Aber unserem wichtigem Gerät, unserem Gehirn, dem tun wir Unvorstellbares an!
- Wir pflegen es nicht,
- wir warten es nicht,
- und gönnen ihm kein Stand By.
Wir befinden uns im Dauerstress und merken es nicht mal. Ständig werden wir mit Daten geflutet. Wir sind diese Datenfluten so gewöhnt, dass wir es selbst gar nicht mehr bemerken!
Mach doch einfach das nächste Mal, wenn Du spazieren gehst selbst einen kleinen Test:
Wie viele Verkehrsschilder, Hinweistafeln und Plakate siehst Du auf dem Weg von Deiner Wohnung bis zum Lebensmittelgeschäft Deines Vertrauens? (Unter uns, wenn die Zahl von Kreuzung zu Kreuzung unter Dreißig liegt, gehe ich davon aus, dass Du in einer sehr ländlichen Gegend lebst!)
Alles was Du siehst sind Informationen die Dein Gehirn aufnehmen, filtern und verarbeiten muss. Welche Informationen
sind wichtig, wie z. B. Verkehrsschilder? Welche Informationen berühren dich nicht, wie z. B. schlechte Werbung und können ausgeblendet werden? Ständig muss das Hirn entscheiden, was sind nur Daten und was wichtige Information!
Wir, oder zumindest ich, berieseln uns auch noch andauernd medial. Computer, Fernseher, Handy und Radio. Irgendwas läuft immer! Noch mehr Daten die gefiltert werden müssen. Kein Wunder, dass es uns zunehmend immer schwerer fällt, Zusammenhänge zu erkennen!
Wir leben in einem unheimlich schnellem, unnatürlichen Rhythmus
Privat können wir das noch beeinflussen, können Pausen einlegen, wenn es uns zu viel wird. Doch während der Arbeit können wir das nicht. Mit Zwanzig ist das noch kein Problem. Aber je älter wir werden, umso schneller ermüden wir.
Auch die Arbeitswelt hat sich verändert. Wird immer schneller und fordert uns immer mehr ab. Vor 20 Jahren war es noch normal sich während der Arbeit in Ruhe mit Kollegen zu unterhalten oder "nichts zu tun und einfach nur zu überlegen. Vor Dreißig versteckten Büromitarbeitern sogar noch die Tageszeitung noch unterm Tisch, wenn Kundschaft kam.
Heute sind selbst zehnminütige Rauchpausen ein Problem. Manche Unternehmen überprüfen sogar, wie viel Zeit ein Mitarbeiter auf der Toilette verbringet. Jedes Unternehmen hat Mindest-Solls, die kontinuierlich erhöht werden, um dadurch Personal einzusparen.
Früher hatte nicht jeder einen Festnetzanschluss. Heute sind wir Tag und Nacht erreichbar, Wenn wir nicht verreisen, auch während des Urlaubs. Und dann wird uns noch gesagt, dass wir trotz unbezahlter Überstunden noch immer zu wenig arbeiten!
All dies setzt uns in einen Tätigkeitsstrudel. (Habt ihr nicht auch ab und zu das Gefühl, ihr kommt gar nicht mehr zum Denken? Als würde das Leben einfach nur noch an Euch vorbeirauschen ohne wirklich Eindruck zu hinterlassen?)
Bei so manchem meiner Kursteilnehmer hatte dies Schnelllebigkeit Folgen. "Burnout" mit den unterschiedlichsten Symptomen.
Im Besten Fall sind die Erkrankten dann "nur" für ein paar Jahre nicht mehr "wirtschaftstauglich".
Mit viel Glück finden Burnout-Opfer irgendwann zurück ins Berufsleben, können sich den Anforderungen wieder stellen ohne nach wenigen Wochen wieder zusammenzubrechen und langfristig, in einer stetigen finanziellen Abwärtskurve, zum Bezieher von Sozialleistungen zu werden. Kosten für derart geschädigte Personen zahlt nicht die Wirtschaft, die von der Leistungsbereitschaft profitierte, sondern der Staat der die Kosten von Steuergeldern bezahlt.
All dies, weil wir uns im Laufe unserer Evolution zu weit von der artgerechten Lebensweise entfernten. Weil wir aufgehört haben, Zeit sinnlos zu vergeuden und einfach nur zu relaxen ohne an die nächste Stunde, oder auch nur an den nächsten Tag zu denken. Weil Muse zur Faulheit erklärt wurde!
Gibt Dir das nicht auch zu denken? Ganz ehrlich! Wann saßest Du das letzte Mal rum und hast einfach nur in Stille vor Dich hingestarrt und hast die Gedanken treiben lassen? Hast einfach nur gelebt, ohne Dich irgendwie zu beschäftigen?
(Ich meine jetzt nicht gewollte Meditation, sondern das "sich aus dem Moment raus" einfach mal treiben lassen, weil das Gehirn danach verlangt?)
Wann hast Du Dich das letzte Mal ungestört und ohne Zeitlimit einem Hobby gewidmet? Wann das letzte Mal stundenlang gequatscht, ohne zwischendurch aufs Handy zu starren?
Ich bin schon sehr darauf gespannt, was Dir zu diesem Thema einfällt! Lass doch einfach mal einen Kommentar da! Ich freu mich schon darauf!
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