Die schlimmste Killerphrase mit der man mich konfrontieren kann ist die Aufforderung, mich aus meiner Komfortzone zu bewegen.
Früher konnte ich selbst nicht verstehen, warum mich dieser scheinbar wohlwollende und berechtigte Aufruf verärgerte. Aber dass er mich nicht kalt lies, mich mitunter sogar dazu brachte, gegen meinen Willen, ja selbst gegen meine Überzeugung aktiv zu werden und Handlungen auszuführen, zu denen ich mich eigenständig wohl kaum durchgerungen hätte, weckte mein tieferes Interesse.
Es ist in unserer Gesellschaft oft positiv konnotiert, die Komfortzone zu verlassen.
Genau da fängt für mich das Dilemma an.
Oft folgen wir dieser Aufforderung aus den gewöhnlichsten Gründen.
- Weil wir niemand mit einem Nein vor den Kopf stoßen wollen.
- Weil wir Angst haben, etwas zu versäumen.
- Weil wir glauben, nicht innovativ und agil genug zu sein.
Doch was genau ist eine Komfortzone eigentlich wirklich?
Laut der Definition die sich auf Wikipedia findet, ist die Komfortzone ein individueller Bereich des privaten oder gesellschaftlichen Lebens, der durch Entspannung, Bequemlichkeit, Wohlbefinden, Behaglichkeit und Risikofreiheit geprägt ist.
Die Wohlfühlzone ist also einen Raum, der per Definition nur zu meinem Wohlbehagen existiert. Natürlich bedeutet dieser Raum für jeden Menschen etwas anders und jeder ist bereit darauf hinzuarbeiten und Abstriche in anderen Bereichen zu zu machen.
Während der eine ein Jahr lang auf den Urlaub hinarbeitet, spart der andere für Haus oder Hobby. Der Nächste möchte einfach nur sein Guthaben vermehren, oder freut sich auf einen angenehmen Lebensabend.
Ich weiß ja nicht wie es Dir geht, aber für mich ist es eine unglaubliche Motivation eine Komfortzone zu generieren.
Oder kennst Du auch nur einen Menschen, dessen gesundes Bestreben es nicht ist, sein Leben so angenehm wie möglich zu gestalten?
Aber Fakt ist, ob wir es gut finden oder nicht, letztendlich sind wir ein Leben lang, zu Recht, damit beschäftigt sie zu kreieren.
Dennoch wird das Wort alltagssprachlich oft abwertend gebraucht. Das muss ich natürlich weiter hinterfragen.
Welche Komfortzonen gibt es?
Ich gehe so weit zu behaupten, dass es für mich mehr als eine gibt.
Ich unterscheide für mich fünf Komfortzonen:
Familie
Nur wenige werden nicht verstehen, wie wichtig sie für jeden von uns ist. Vom ersten Tag an prägt sie uns. Im Idealfall gibt sie uns Halt und ist uns Grund zur Freude.
Partnerschaft
Na, darüber brauchen wir ja wohl nicht reden. Jeder von uns weiss was mit einer Beziehung geschieht, wenn wir uns nicht um sie kümmern und pflegen.
Hobby
Ein Bereich in dem ich mich ausleben kann und spielerisch und im Flow meine Fähigkeiten und Grenzen auszutesten.
Arbeit,
für mich mehr als nur Existenzsicherung und Verdienst. Für mich ein Raum der meinen Tag Strukturiert, mir Gelegenheit gibt weiter zu lernen, mich zu beweisen und mir Gelegenheit gibt meinen Zeil zur Gesellschaft beizutragen. Einer der Bereiche, der meinem Leben Sinn gibt.
Selfs Pace,
Der Raum, den wir oft am wenigsten Wert zuweisen und darum auch am wenigsten Raum einräumen. Die Zeit, die wir uns zum Denken, träumen und für die persönliche Orientierung zugestehen.
Jeder einzelne dieser Bereiche ist für mich wichtig!
Zusammen bilden sie für mich die Blume der Existenz, die mein Leben Lebenswert macht.
Darum zuckt etwas in mir zusammen, wenn mir jemand sagt, verlasse ihn.
Fühle ich mich etwa schuldig, faul und egoistisch wenn ich sie Pflege und darin meine Ruhe und meinen Frieden finde? Aber warum, wenn sie doch ein positiver Schutzraum für Körper, Geist und Seele sind?
Wer ermuntert uns denn überhaupt zu etwas, das bei logischer Betrachtung nicht wirklich sinnvoll erscheint?
Wenn ich so zurück denke, waren es zumeist andere Menschen, denen es einen Vorteil erbringt, wenn ich Bereiche, in denen ich mich wohl fühle verlasse.
Leute die letztendlich ihre eigene Wohlfühlzone dadurch verbessern, dass ich meine vernachlässige.
- Die Freunde, die ein Abenteuer nicht alleine bestreiten wollen.
- Der Chef, der durch meine Leistung mehr verdient.
- Die Angehörigen, die mir Pflichten und Verantwortung überlassen.
Ich denke, wenn wir ein bisschen in uns gehen, finden wir alle jemand der gute Gründe hat, uns zu Dingen und Handlungen zu bewegen, die uns nicht wirklich entsprechen.
Als Argument wird uns dargelegt, wir würden uns nicht Entwickeln wenn wir es nicht täten.
Irgendwann in einer ruhigen Minute meiner Self Time stellte ich für mich fest:
Ich denken, dass Wachstum Balance braucht, nicht Selbstaufgabe
Meine Komfortzone ist kein Käfig. Sie ist mein Garten. Ich pflanze Neues, ich erweitere den Zaun, ich baue ein Tor , aber ich brenne sie nicht nieder.
Wie ich vorher schon erwähnte, betrachte ich meine Komfortzonen wie eine Blume. Dieses Bild, dass ich auch während meiner Coaching-Stunden an Flipcharts malte, ist für mich die passende Allegorie.
Warum finde ich dieses Bild so passend?
Oft ist uns nicht bewusst, wie sich Pflanzen organisieren. Damit sie wachsen und gedeihen kann, braucht sie ein ausgewogenes Maß an Raum und Nährstoffen.
Stets wird sie ihr Wachstum nach der geringsten Ressource richten. Egal wie viel Wasser, Sonne, oder Mineralien sie bekommt.
Fehlt auch nur eine Kleinigkeit, wird der Pflanzenliebhaber Grund haben, sich über absterbenden Blätter zu grämen. Es wird das Gewächs vielleicht nicht gleich töten, aber langfristig wird es leiden.
So manch einer von uns wird sich jetzt stolz auf die Schulter klopfen. Bei mir ist alles in Ordnung! Ich habe genug von allem! Ich kann endlos weiter wachsen!
Offen gestanden, das freut mich für Dich! Aber ich glaube es nicht.
Es gibt ein Ressource die wir selbst unter den besten Voraussetzungen nicht endlos vermehren können. ZEIT!
Wir können unsere ganze Energie in unseren Erfolg investieren. Und irgendwann werden wir feststellen dass unsere Eltern alt, und unsere Kinder erwachsen sind.
Der Beruf
Wie es sich auf unseren beruflichen Erfolg auswirken wird, wenn wir uns nur um unsere Familie kümmern? Darüber können viele Frauen ein trauriges Lied singen.
Das Hobby
Konfuzius sagte, wer sein Hobby zum Beruf macht, wird nie mehr arbeiten.
Aus persönlicher Erfahrung weiß ich, das stimmt. Und doch stimmt es auch nicht. Wir könnten das auch anders definieren. Zum Beispiel als selbstständige Tätigkeit. Auch das muss ich wohl hier nicht weiter ausführen. Wie es mir ein Kollege bereits zu Beginn meiner Laufbahn erklärte: dieses Bezeichnung bedeutet: Selbst und ständig.
Auch wenn ich es als letzten Punkt erfasse, scheint er mir doch der Wichtigste zu sein.
Die Self Time.
Sie ist wie der Blütenboden einer Blume. Hier finden wir unsere Inspiration und sammeln neue Kraft. Hier ist der Raum in dem wir unsere Richtung prüfen und uns neu orientieren. Dennoch ist es der Bereich dem wir oft am wenigsten Raum einräumen, am wenigsten schützen.
Bei genauer Betrachtung zeigt sich nun:
Wir können unsere Wohlfühlzonen nur dann verlassen, wenn wir nichts haben, auf das wir bauen. Wenn wir nicht gebunden sind und uns nichts hält.
In allen anderen Fällen stellt das Verlassen, das Vernachlässigen eines Bereiches zugunsten eines anderen, eine Verknappung der Ressourcen für einen anderen wichtigen Bereich dar.
Um beim Beispiel mit der Blume zu bleiben, muss ein anderes Blatt etwas weniger Raum bekommen, damit ein Neues gedeihen kann.
Und nun? Sollen wir deswegen aufhören zu wachsen und uns weiter zu entwickeln?
Wieder ist für mich die Antwort ein deutliches Nein!
Zeit und Energie sind begrenzt. Wachstum ist kein „höher, schneller, weiter“, sondern ein bewusster Tausch. Wenn du an einem Blütenblatt arbeitest, z. B. beruflich etwas Neues lernst, dann darf ein anderes (z. B. Hobby oder soziales Leben) mal kurz ruhen. Nicht, weil es unwichtig ist, sondern weil wir zyklisch leben wie eine Pflanze.
Lasst es uns machen wie die Pflanzen, die ihren Wachstumsbereich nicht verlassen, sondern erweitern wird.
- Statt nicht mehr zum Sport zu gehen, weil ich lernen will, warum nicht mit dem Kopfhörer Joggen gehen und meine Lektion hören statt lesen?
- Warum nicht das angenehme mit dem Nützlichen verbinden und gemeinsam mit dem Partner den Garten bestellen und kochen?
- Mal einfach nicht das tun, was en Vogue ist, sondern das, was mir wirklich gut tut? Selbst wenn ich weiß dass Meditation das Gebot der Stunde ist, muss ich mich nicht 7n den Schneidersitz quälen und mein Gehirn mit Gewalt zur Ruhe zwingen. Vielleicht ist es manchmal tatsächlich entspannender, einfach nur die Wolken zu betrachten und die Gedanken mit ihnen ziehen zu lassen?
Ich will nicht tiefer darauf eingehen, wie man einzelne Bereiche kombinieren kann, um Zeit zu sparen. Ich will nicht zu mehr Stress, sondern zu mehr Sinn aufrufen.
Jeder von uns weiß und fühlt selbst, an was es gerade am meisten mangelt und ob und wie er seine Zeit durch verbessertes Zeitmanagement, klarer definierten Prioritäten oder sinnvolle, ergänzende Kombinationen besser nutzen kann. Und wenn nicht? Es gibt Leute wie mich. Coaches die ihre Arbeit ernst nehmen und verantwortungsbewusst und mit Liebe ausführen.
Das Beste an der Sache
Nicht jeder Bereich braucht immer die gleiche Aufmerksamkeit. Im Endeffekt muss nur die Bilanz unterm Strich stimmen, um das Leben Lebenswert zu halten.
Im Laufe unserer Lebenszeit entwickeln wir uns auch. Unsere Neigungen, Fähigkeiten und Interessen ändern sich. Unser Umfeld und die Anforderungen ändern sich.
Wie bei einer Blume kann ich da wachsen, wo gerade etwas Raum ist. Ich muss nur darauf achten, welcher Bereich gerade mehr Aufmerksamkeit braucht. Aber so gut wie nie muss ich meine Komfortzone ganz verlassen.
Ausdehnen ja...verlassen? Nein.
Natürlich musst Du selbst wissen, was für Dich richtig ist.
Aber aus persönlicher Erfahrung!
Wenn ich mich zu sehr verbiegen muss, dann stimmt was nicht. Dann ist es für mich an der Zeit mich zurückzulehnen und mich zu fragen, wo sind den nun meine Komfortzonen, und wo kann ich sie erweitern, ohne sie ganz zu verlassen?
Wie pflegst du deinen "Selfs Pace", den Blütenboden deiner Existenz? Erzähl es mir doch in den Kommentaren! Ich freu mich schon darauf!
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